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Von Begeisterung, Herausforderungen & der Kunst, den eigenen Weg zu gehen

Dr. Anke Meier, Head of Arbitration spricht über unausgesprochene Hürden, ihre Erfahrungen auf dem Weg zur Partnerin und warum Leidenschaft die wichtigste Ressource ist.

Liebe Anke, Du bist Head of Arbitration bei Noerr – was gefällt Dir an Deiner Karriere in der Großkanzlei besonders? Gab es etwas, das Dich anfangs überrascht hat – im positiven wie im herausfordernden Sinne?

 Als ich – vor nun schon über 20 Jahren – meine Karriere als Anwältin in einer Großkanzlei begonnen habe, war ich sehr begeistert von der extrem hohen fachlichen Qualität der Kolleginnen und Kollegen. Es ist ein absolutes Privileg, mit exzellenten Juristinnen und Juristen an bedeutenden internationalen Mandaten zu arbeiten, die häufig an vorderster Front des Wirtschaftslebens spielen und über die daher oft in der Presse berichtet wird. Zu Beginn meiner Karriere war ich wirklich begeistert und vielleicht auch etwas eingeschüchtert, mit was für guten Juristinnen und Juristen ich zusammengearbeitet habe. Ich war begeistert von deren Lebensläufen wie von der Persönlichkeit. Das finde ich wirklich bereichernd.

Herausfordernd war zu Beginn sicherlich ganz besonders der extrem hohe zeitliche Einsatz, der mit der Arbeit als Anwältin in einer Großkanzlei einhergeht. Man ist sehr beschäftigt damit, fachlich beste Leistungen abzuliefern und in der Kanzlei Fuß zu fassen. Die freie Zeit am Wochenende benötigt man erstmal dazu, zu regenerieren. Ich habe sehr schnell lernen müssen, wie ich mein Leben effizient organisiere, damit ich mir freie Zeit schaffe und dann auch bestmöglich nutze. Dies fängt an mit banalen Dingen wie Haushaltsarbeiten oder Erledigungen, die man delegieren kann, damit die wertvolle Zeit nicht unnötig aufgefressen wird.

In Großkanzleien sind Frauen in Führungspositionen noch immer unterrepräsentiert. Welche ganz konkreten Erfahrungen hast Du auf dem Weg zur Partnerin gemacht – gab es Hürden, unausgesprochene Erwartungen oder Aha-Momente?

 Die Anwaltschaft ist eine Männerdomäne, in der Frauen nach wie vor in der Minderheit sind. Dies ist eine überraschende Erkenntnis, weil in der Uni die Jurastudentinnen überwiegen und beim Berufseinstieg die Anwältinnen häufig auch noch anteilig gut vertreten sind. In einer Männerwelt zu arbeiten, hat viele Herausforderungen, die ganz banal sind (immer die einzige Frau in Meetings zu sein) oder zur Herausforderung werden (grundsätzlich andere Arbeits-/Denkweisen, die von der Mehrheit nicht geteilt werden). Es ist daher häufig schwieriger für Frauen, sich bei gleicher Qualifikation zu behaupten und eine Karriere zu entwickeln.

Warum habe ich es geschafft? Ich habe mir anhand meiner ersten beruflichen Erfahrungen überlegt, was ich perspektivisch machen möchte und dann ein stringentes Konzept überlegt, wie ich dorthin komme. Dies bedeutete für mich vor allem, nochmal einen längeren Zeitraum im Ausland zu arbeiten, nachdem ich bereits einige Jahre in Düsseldorf als Anwältin tätig war. Ich habe in mehreren Jahren in den USA und Den Haag viel persönlich wie fachlich gelernt und mich dadurch für meine Karriere gut aufgestellt. Ich erachte es als zentral für den eigenen Erfolg, zu definieren, wo man hin möchte und dann Schritte zu gehen, um zu diesem Ziel zu kommen. Das geht mit persönlichen Entbehrungen einher, die Frauen genauso wie Männer bereit sein müssen, einzugehen.

Du engagierst Dich aktiv für Frauenförderung in der Rechtsbranche, besonders im Zuge der kanzleiinternen Frauenförderungsinitiative “Her”. Was muss sich strukturell verändern, damit mehr Frauen in juristischen Top-Positionen ankommen – und wie können junge Juristinnen ihre eigenen Spielräume schon früh erkennen und nutzen?

 Meiner Meinung nach sind Maßnahmen auf zwei Ebenen erforderlich, um mehr Frauen in die Führungspositionen zu bekommen. Zum einen müssen leider nach wie vor viele Vorurteile überwunden werden. Es liegt in der Natur des Menschen, dass man besonders gerne mit Personen arbeitet, die einem ähnlich sind. Das ist für Frauen in der Anwaltschaft per se eine Herausforderung. Wichtig ist, dass man als einzelne Frau hier oft nicht viel bewirken kann. Es ist vielmehr erforderlich, dass die Männer in der Kanzlei hinter der Frauenförderung stehen und die Frauen gemeinsam an einem Strang ziehen.

Die zweite Ebene ist allerdings etwas, das jede einzelne Frau beeinflussen kann: Durchhaltevermögen, Willenskraft und Einsatz für die eigenen Ziele und Interessen. Es bedarf einer robusten Grundhaltung, um sich zu behaupten und von Rückschlägen und Enttäuschungen nicht entmutigt zu werden. Dass die Arbeit von diversen Teams besser ist, muss nicht mehr nachgewiesen werden. Jede Anwältin muss allerdings alles in ihrer Macht stehende daran setzen, sich zu behaupten.

Gab es in Deiner Laufbahn ein Vorbild oder einen prägenden Moment, der Dich nachhaltig inspiriert hat – vielleicht sogar in einer schwierigen Phase?

 Es gibt eigentlich für mich nicht das eine Vorbild, weil ich von vielen Personen unterschiedliches gelernt habe und unterschiedlich inspiriert wurde. Am wichtigsten waren sicherlich sämtliche meiner vergangenen Chefs, die mir eine vorzügliche Ausbildung zuteil haben kommen lassen. Das ist das Fundament jeden Erfolges. Ich habe aber auch gleich in den ersten Jahren meiner anwaltlichen Tätigkeit mit Frauen gearbeitet, die es geschafft haben, in die Equity Partnerschaft der Kanzlei aufzusteigen. Das fand ich sehr beeindruckend. Es handelte sich um wenige aber dafür umso inspirierendere Frauen, die ihren eigenen Weg gemacht haben durch fachliche Exzellenz und beeindruckende Persönlichkeiten. Dies hat mir gezeigt, dass es für jede gute Anwältin möglich ist, eine sehr erfolgreiche Karriere zu gehen. Es hat mir auch gezeigt, dass man individuelle, weibliche Ansätze zu arbeiten und zu führen, pflegen darf. Authentisch zu sein, ist immens wichtig, wenn man langfristig erfolgreich sein möchte.

Zum Schluss: Hast Du einen persönlichen Herzenstipp für junge Juristinnen, die gerade erst ins Studium oder Berufsleben starten – etwas, das Du gerne früher gewusst hättest?

 Ich empfinde es als sehr wichtig, der eigenen Leidenschaft zu folgen. Wenn man etwas macht, was einem von ganzem Herzen gefällt, ist es viel leichter, sich in diesem Feld langfristig zu behaupten und durchzusetzen. Gerade in einer Großkanzlei verbringt man viele Stunden am Schreibtisch, und da wäre es zu schade, wenn einen die Themen überhaupt nicht faszinieren und begeistern würden. Daher sollte sich jeder die Zeit nehmen, im Studium oder spätestens im Referendariat, zu erkunden, welche Tätigkeiten einem wirklich Spaß machen. Das Jurastudium ist zum Glück so vielfältig, dass es eigentlich für jede etwas passendes bereithalten sollte.

Warum habe ich es geschafft? Ich habe mir anhand meiner ersten beruflichen Erfahrungen überlegt, was ich perspektivisch machen möchte und dann ein stringentes Konzept überlegt, wie ich dorthin komme.

Dr. Anke Meier

Dr. Anke Meier ist seit vielen Jahren als Rechtsanwältin im Bereich Schiedsverfahren und internationale Streitbeilegung tätig.  Nach ihrem Jurastudium und der Promotion in Bochum absolvierte sie einen LL.M. in International Dispute Resolution in den USA und arbeitete mehrere Jahre im Ausland. Seit 2010 ist sie Partnerin bei Noerr in Frankfurt. Darüber hinaus wurde sie von der Bundesregierung als Schlichterin beim International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID) benannt.